Aigues-Mortes / Frankreich - Gestern Nacht trauten die Bewohner der kleinen französischen Stadt ihren Augen und Ohren nicht: Düstere Gesänge drangen aus dem Tour de Constance, in Fackelschein bewegten sich um Mitternacht Menschen in hellen Roben mit einem blutorten gleichschenkligen Tatzenkreuz darauf durch die Gassen, fremdartige Lieder singend. Schon tagsüber waren vielen Bewohnern die dunklen Limosinen und viele fremde Leute in der Stadt aufgefallen. Der Ort, an dem die letzten Mitglieders des Ordens
Arme Ritterschaft Christi vom salomonischen Tempel jahrelang hinweg in Gefangenschaft saßen, bevor man sie auf dem Scheiterhaufen wegen angeblicher Ketzerei und Hochverrates an der Krone verbrannte, erfreut sich anscheinend wieder reger Belebtsamkeit.
Seitdem am Freitag, den 13.Oktober 1307, unter Philipp der IV. (der Schöne) und Papst Clemens V. der Templer-Orden sein Ende fand, ranken sich zahlreiche Legenden und Mythen um den Orden. Am 19. März 1314 wurde der letzte Großmeister des Templerordens, Jacques de Molay, zusammen mit Geoffroy de Charnay in Paris auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Es ist heute anerkannt, so auch vom Papst, dass die Anklage gegen die Templer als Ganzes jeder Grundlage entbehrte. Viele überlebende Tempelritter flohen nach Schottland, da dort der päpstliche Befehl nicht ausgerufen worden war und daher der Templerorden weiter existierte. In Spanien und Portugal wurden viele ehemalige Templer aufgenommen in den Orden von Calatrava, der Ende des 14. Jahrhunderts in den Ritterorden von Avis überging.