Antikem Computer auf der Spur

Athen - Als griechische Schwammtaucher vor mehr als 100 Jahren in rund 60 Meter Tiefe vor der kleinen Südägäisinsel Antikythera ein Wrack fanden, konnten sie nicht ahnen, was für eine Entdeckung sie gemacht hatten. Unter den auf dem Meeresboden verstreuten Gegenständen befand sich auch ein völlig korrodierter Bronze-Klumpen, mit dem sie zunächst nichts anfangen konnten.
Forscher der Universitäten von Cardiff (Wales) und der griechischen Hafenstadt Thessaloniki glauben jetzt, mit Hilfe hoch entwickelter Techniken wie der Computer-Tomographie das Geheimnis lüften zu können, berichtete die griechische Presse.
Das unbekannte "Ding", das nach Beschreibungen von Archäologen einer Art "Computer" der Antike ähnele, kam damals ins archäologische Museum von Athen und wurde gereinigt und unter die Lupe genommen. Was sie freilegten, gilt bis heute als eine der faszinierendsten Entdeckungen der Archäologie: ein uhrwerkartiger Mechanismus, den Geräten ähnlich, die Seefahrer erst Jahrhunderte später nutzten, vergleichbar mit einem Differentialgetriebe, das erst im 13. Jahrhundert entdeckt wurde. Da die Forscher aber bisher nicht wirklich mit dem Gerät umgehen konnten, ist sein Zweck noch nicht völlig entschlüsselt. Unter Archäologen ist es unter dem wenig aussagekräftigen Namen Mechanismus von Antikythera bekannt.
Schon die Entdeckung löste Erstaunen und Ratlosigkeit unter Wissenschaftlern aus und regte die Fantasie der damaligen Presse an. "Stammt der Antikythera Mechanismus aus einer anderen Zeit?", fragte ein Kommentator der Zeitung "Akropolis" im Jahre 1902.
Dem Engländer John Gleave gelang 1986 eine funktionierende Replik des Antikythera-Mechanismus. Dieser Rekonstruktion zufolge kann man von einem Zeiger an der Vorderseite der Apparatur den jährlichen Lauf von Sonne und Mond durch den Tierkreis ablesen, wobei die Monatsnamen dem ägyptischen Kalender entnommen sind. Auf der Rückseite sind zwei Anzeige-Scheiben zu finden: Die erste zeigt eine Vier-Jahres-Periode, verknüpft mit dem Metonischen Zyklus von 235 synodischen Monaten, der 19 Sonnenjahren entspricht. Ein synodischer Monat ist die Zeitspanne zwischen zwei Neumonden. An der zweiten Anzeige-Scheibe kann man den Zyklus eines einzelnen synodischen Monats ablesen, an einem zweiten Zeiger das Mondjahr der zwölf synodischen Monate. Die dritte, mittlere Scheibe harrt zur Zeit immer noch ihrer Entschlüsselung, die Symbole sind keiner bisher bekannten Sprache zuzuordnen.
Die heutigen Forscher fanden nun heraus, dass auf den Zahnrädern des Gerätes eine Art Gebrauchsanweisung eingeritzt ist. "Es ist sicher, dass nach unseren Erkenntnissen, die in den nächsten Monaten veröffentlicht werden sollen, große Teile der Geschichte und der Astronomie umgeschrieben werden müssen", sagte das griechische Mitglied der Forschergruppe, Xenophon Moussas. Vom Gerät fehlen aber noch einige Teile, wie ein Hebel, mit dem seine Zahnräder bewegt werden konnten, und ein geschliffener Kristall im der Mitte des Gerätes.
Anders als bei früheren Forschungen können die Wissenschaftler mit den Computer-Analysen jetzt immer mehr Teile der Gebrauchsanweisungen entziffern. "Wir können jetzt lesen: Wenn die Sterne richtig stehen und Du den Hebel von A bis B drehst, dann wirst Du öffnen und erkennen", sagte ein Mitglied der Forschungsgruppe im griechischen Radio.
Die Gebrauchsanweisungen seien auf Bronzeblättern zu lesen, die zwischen den Zahnrädern des Mechanismus entdeckt wurden, hieß es.
Der Mechanismus stamme nach Angaben der Forscher aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert (ca. 82 v. Chr.) und sei nach ersten Vermutungen auf der Insel Rhodos vom Astronomen Poseidonius konstruiert worden. Einen detaillierten Bericht ihrer Erkenntnisse wollen die Experten im Herbst 2006 vorlegen. Die Entwicklungen ihrer Arbeit veröffentlichen sie dann auch im Internet.